Deutlich weniger Besucher, dennoch zufrieden: Das ist die Bilanz der Messeleitung zur runderneuerten CEBIT. Manche Aussteller sind jedoch skeptisch.
Sie sollte ein Festival für alle sein – die runderneuerte CEBIT , die erstmals im Juni statt wie sonst üblich im März stattfand. Jung sollte sie sein, frisch und trotzdem der Ort, an dem die ITK-Branche ihr Business macht. Am letzten Messetag zog Oliver Frese, Vorstand der Deutschen Messe AG, eine rundum positive Bilanz: „Wir wurden für unseren Mut und für unsere Entschlossenheit belohnt“, sagte er. Alle gesteckten Ziele seien erreicht worden, betonte er weiter. Heiko Meyer, Vorsitzender des CEBIT-Messeausschusses und Geschäftsführer von Hewlett Packard Enterprise, ergänzte: „Die neue Messe war ein voller Erfolg. Wir beglückwünschen das CEBIT-Team zur Premiere, das mit dem Mut zur radikalen Transformation die Basis für die Zukunft gelegt hat.“
Die Kennzahlen der diesjährigen CEBIT sprechen aber eine andere Sprache: Mehr als 2.800 Unternehmen beteiligten sich an der Messe, im Vorjahr waren es noch über 3.000 Aussteller. Und auch die Zahl der Besucher ging drastisch zurück: Sie sank von 200.000 im Vorjahr auf 120.000 in diesem Jahr. Ein Erfolg war das Konferenzprogramm, bei dem 600 Sprecher auf zehn Bühnen auftraten. Mehr als 30.000 Zuschauer verfolgten die Keynotes. Messe-Vorstand Oliver Frese ist mit dem Ergebnis der neuen CEBIT zufrieden. (Quelle: CEBIT)
Frese betonte allerdings einmal mehr, dass die alte und die neue CEBIT nicht miteinander zu vergleichen seien. Das neue Format schaffe mit frischem Wind eine neue Aufbruchstimmung: „Wir stellen fest, dass Geschäftskontakte in lockerer Atmosphäre besser entstehen können. Das wichtigste Ziel ist erreicht: Unsere Kunden sind sehr zufrieden“, sagte er.
Zeit also, bei den Ausstellern aus dem TK- und Netzwerkbereich nachzufragen, die in diesem Jahr in Hannover vertreten waren. Heraus kam ein durchaus gemischtes Bild – Lob, aber auch Kritik.
Lancom-Geschäftsführer Stefan Herrlich berichtet beispielsweise, dass die CEBIT insgesamt etwas hinter den Erwartungen des Netzwerkspezialisten zurückgeblieben sei. „Aber wir schätzen den Mut zur Veränderung, den die Messegesellschaft mit der Neuausrichtung bewiesen hat – auch wenn es hier und da sicher noch Optimierungspotenzial gibt“, sagt er. Auch brauche ein derart radikaler Umbau einfach etwas Zeit, um sich zu etablieren. Trotz seiner verhaltenen Kritik kündigt Herrlich an, Lancom werde auch im kommenden Jahr wieder als Aussteller auf der CEBIT vertreten sein. „Wir blicken mit gespannter Erwartung auf die CEBIT 2019, wenn auch wir wieder unsere traditionelle Reise nach Hannover antreten werden.“
Richtiggehend euphorisch äußert sich das Team von Innovaphone. Statt wie sonst in der Netzwerk- und TK-Halle 13 hatten sich die Sindelfinger auf dem d!campus eingemietet – und damit direkt vor der großen Bühne, auf der auch tagsüber immer wieder Konzerte stattfanden. Die Stimmung sei angenehm unkompliziert gewesen, offen und gut dazu geeignet, mit Besuchern ins Gespräch zu kommen, so der Tenor. Und obwohl der Stand wesentlich kleiner war als in den Vorjahren, habe dies gut funktioniert. Allerdings gibt es von Seiten Innovaphones auch Anregungen an die Messe. Die Zielgruppe müsse wesentlich klarer definiert werden, auch haben die Sindelsdorfer ein Schlechtwetterkonzept für den Außenbereich vermisst. Innovaphone kündigt schon jetzt an, im kommenden Jahr wieder in Hannover vertreten zu sein. „Letzten Endes gibt es keine Alternative zur CEBIT als dem Treffpunkt der Branche“, so der Hersteller.
Die Konzerte am Abend, wie hier mit Jan Delay, lockten auch ein jüngeres Publikum auf die Messe (Quelle: CEBIT) Seine Ziele erreicht hat auch Ferrari Electronic, die Berliner hatten sich wie üblich in der Netzwerk- und TK-Halle eingemietet. „Die Qualität der Gespräche am Messestand war gut“, versichert Vorstandsvorsitzender Stephan Leschke. Und er ergänzt: „Der Mut der Veranstalter, mit einem überarbeiteten Konzept neue Wege zu gehen, hat sich gelohnt.“ Dass die Besucherzahl in diesem Jahr noch einmal zurückgegangen ist, stört Leschke nicht: „Nicht die Masse der Besucher ist entscheidend, sondern deren Qualität“, sagt er. Man dürfe einfach nicht den Fehler machen, diese CEBIT mit den Rekordmessen der 90er-Jahre zu vergleichen. Ob die Berliner im nächsten Jahr noch einmal ausstellen werden, ist noch nicht final entschieden – aber ziemlich wahrscheinlich.
Ebenfalls angetan von dem neuen Messekonzept zeigt sich Hans Szymanski, CEO von Nfon: Der Messestand des Cloud-PBX-Anbieters mit seinem neuen Konzept sei gut besucht gewesen, insgesamt war er also zufrieden und geht davon aus, dass Nfon auch im kommenden Jahr wieder zu den Ausstellern in Hannover zählen wird. Er vermisst allerdings eine klare geografische Positionierung der Messe: „Es ist doch die Chance, sich auf Europa zu konzentrieren und Europa im Rahmen von Digitalisierung und Transformation zu präsentieren“, mahnt er an. Dem Festival-Charakter kann der Nfon-CEO persönlich zwar nur wenig abgewinnen – „Ich vermisse weder Riesenrad noch Konzerte“, sagt er –, allerdings habe sich das Publikum auf den ersten Blick durchaus verjüngt, und möglicherweise kündige sich ja auch langsam, aber sicher ein Generationenwechsel an. Letztendlich aber werde sich zeigen müssen, „ob Woodstock und Bits & Bytes zusammenpassen“, betont Szymanski.
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